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Lehmputz in Innenräumen verarbeiten
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Seit Jahrtausenden wird Lehm an den unterschiedlichsten Orten der Welt verbaut – weil er überall verfügbar, relativ leicht abbaubar und vergleichsweise günstig ist – vor allem aber aufgrund seiner günstigen bauphysikalischen und ökologischen Eigenschaften.
Natürlicher Klimaregulator
Dank seiner hohen Rohdichte hat Lehm ein enormes Speichervermögen. „Lehmputz ist eine feucht-dynamisch mitwirkende Wandbeschichtung: Er kann extrem viel Feuchte aufnehmen, wenn sie anfällt, ohne dass es schadet. In trockenen Phasen gibt er die Feuchte wieder ab“, erklärt Robert Raschke-Kremer, Anwendungstechniker und Trainer bei der DIY Academy.
An Wand und Decke aufgebracht, wo er direkt an die Raumluft angrenzt, kann Lehmputz so als natürlicher Klimaregulator dienen und für ein besonders gutes Wohnraumklima sorgen. Damit beugt er zugleich Schimmelbildung vor.
Ökologische Wandbeschichtung
Lehm ist ein Gemisch aus Ton, Erde und Sand sowie Kies oder Steinen. Die daraus hergestellten Putze sind schadstoff- und konservierungsmittelfrei. Für Allergiker ist das in Wohnräumen ein besonders wichtiger Aspekt.
Zugleich achten im Zuge des wachsenden Nachhaltigkeitsbewußtseins immer mehr Baufamilien darauf, umweltfreundliche und biologisch abbaubare Baustoffe zu verwenden.
Anwendungsbereiche
Lehmputz kann in allen Räumen eingesetzt werden. Wo viel Feuchte entsteht, spielt er seine bauphysikalischen Vorzüge am besten aus – in der Küche und im Bad. Dort ist die feuchteregulierende Wirkung unübersehbar: Bei ausreichend großen Lehmflächen ist der Spiegel nach dem Duschen nicht beschlagen.
Doch Vorsicht - Lehmputz ist wasserlöslich. Wenn er mit zu viel Wasser in Kontakt kommt, wird er weich. Spritzwasserbereiche um Waschbecken, Wannen und Duschen sollten deshalb nicht mit Lehmputz versehen werden. Hier ist beispielsweise Kalk-Zementunterputz in Kombination mit Fliesen eine Option.
In 9 Schritten zur Lehmputzwand
Die Wandgestaltung mit Lehmputz können Heimwerker mit ein wenig Übung selbst übernehmen. Individuelle Anleitungen gibt es auch in unseren DIY-Trainings.
Zur Verarbeitung eignet sich handelsübliches Mauerwerkzeug.
- Mörtelkübel
- Rühquirl / Rührwerk
- Flächenspachtel
- Glättkelle
- Kartätsche (Abziehlatte)
- Sprühflasche
- Schwammbrett
Schritt 1: Vorbereitung
Bevor es losgeht, müssen die zu verputzenden Flächen geprüft werden. „Sie sollten trocken, staubfrei und normal saugend sein“, erklärt DIY-Trainer Raschke-Kremer. „Stark saugende Flächen werden mit einer entsprechenden Grundierung vorbehandelt.“ Ideal für die Verarbeitung ist eine Umgebungs- und Untergrundtemperatur zwischen 5 und 30 ° C.
Schritt 2: Putzarten
Der Putz wird in mehreren Schichten aufgetragen. Unterputz, Oberputz sowie bei Bedarf Edel- bzw. Dekorputz unterscheiden sich in ihrer Körnung und in der Schichtstärke. „Mit einer 1 bis 1,5 cm dicken Schicht aus grobkörnigem Unterputz wird eine planebene Fläche hergestellt. Meist sind Stroh- oder Hanffasern beigemischt. Sie sorgen für eine stabilere Struktur“, beschreibt Robert Raschke-Kremer.
„Auf den Unterputz kommt in einer Dicke von etwa 0,5 Zentimetern der weniger grobkörnige Oberputz. Er bildet eine druckfeste Oberfläche und verhindert durch die Verdichtung, dass zu viel Feuchte in darunter liegende Bauteile gelangen kann. Der Edel- oder Dekorputz hat eine sehr feine Körnung, ist in verschiedenen Farben erhältlich und wird in einer Dicke von etwa zwei Millimetern aufgebracht.“
Schritt 3: Anmischen
Für die Verarbeitung muss der Trockenlehm so mit klarem Wasser angerührt werden, dass eine plastisch-breiige Konsistenz entsteht. Die Größe der Fläche und die Dicke der Schicht bestimmen die notwendige Lehmmenge. Für das Mischungsverhältnis solltest du unbedingt die Herstellerangaben beachten.
„Für den Unterputz sind so ordentliche Mengen Material zu bewegen, dass Laien damit leicht überfordert sind. Zum Anmischen braucht man ein großes Mörtelfass und zweifaches Rührwerk“, sagt der Fachmann. Für das Anmischen des Oberputzes reichen ein 12-Litereimer und ein mit der Bohrmaschine angetriebener Rührquirl.
Schritt 4: Auftragen
Beim Auftrag der Schichten wird immer feucht in feucht gearbeitet. Sobald eine Lage nur noch matt feucht ist, kommt die nächste drauf. Wenn der Unterputz trocknet, können Schwindrisse entstehen. „Das ist kein Grund zur Besorgnis - sie werden im nächsten Arbeitsgang mit dem Oberputz geschlossen“, beruhigt Raschke-Kremer.
Auch missratene Rundungen oder Ecken sind kein Anlass, sich zu ärgern: Solche Stellen können mit etwas Wasser aufgeschwemmt und ausgeglichen werden.
Schritt 5: Individuelle Gestaltung
Oberputze gibt es fertig eingefärbt in Naturtönen. „Darüber hinaus bieten die Hersteller vielfältige Beimischungen für Edelputze an, von Strohfasern und Glaskügelchen über Glimmer bis zu Perlmuttsand. Damit lassen sich wunderbare Strukturen und Effekte schaffen“, informiert der Experte.
Sobald die oberste Schicht angezogen ist, wird sie mit einem Schwammbrett verdichtet und geglättet.
Schritt 6: Trocknung
Lehmputz bindet nicht hydraulisch ab. Je nach Schichtdicke kann der Trocknungsprozess bis zu acht oder gar zehn Wochen dauern. In dieser Zeit muss viel und regelmäßig gelüftet werden, damit die Feuchte aus dem Raum geleitet wird. Sonst besteht Schimmelgefahr.
Schritt 8: Farbe
Ein Anstrich der verputzten Flächen ist nicht unbedingt nötig, aber natürlich möglich. Er kann erfolgen, sobald die Oberfläche druckfest ist, nach etwa 14 Tage, so der DIY-Trainer. Eine gute Wahl sind Naturfarben auf Lehm, Kalk- oder Kaseinbasis. Kunststoffdispersionsfarben oder Latex-Farben hingegen behindern die klimaregulierende Wirkung des Lehmputzes.
Schritt 9: Materialreste
Abfälle gibt es bei Lehmputz nicht. Übrig gebliebenes Material oder daneben gefallenen Mörtel kann man später mit Wasser neu vermischen. Das funktioniert beliebig oft. Und: Lehmputz ist biologisch abbaubar und kompostierbar.
Gute Partner: Lehmputz und Wandheizung
Lehmputz speichert nicht nur Feuchtigkeit, sondern auch Wärme. Deshalb ist er ein idealer Partner für die Wandflächenheizung. „Dafür gibt es spezielle Trägerplatten aus Schilf“, empfiehlt DIY-Trainer Raschke-Kremer. „Diese nehmen die Heizschlangen auf und werden anschließend mit dem Unterputz verfüllt.“
Spartipp für kostenloses Material
Wer Spaß am Heimwerken hat, kann seine „Effektbeimischung“ für die oberste Putzschicht auch selbst herstellen, so der Tipp von Experte Robert Raschke-Kremer, Trainer bei der DIY Academy: „Wir haben mit unseren Kindern in einem Nordseeurlaub Perlmuttmuscheln gesammelt, zu Hause im Mörser zerstoßen und dem Oberputz beigemischt. Das hat nichts gekostet und sah toll aus. Außerdem waren die Kinder einbezogen und wir hatten alle Spaß.“